Einmalvergütung EIV + Mehrwertsteuer ?

Auf der folgenden Seite von Pronovo wird erläutert, dass die Ausbezahlung der Einmalvergütung (EIV) als Kostenausgleichszahlung (Art. 18 Abs. 2 Bst. g MWSTG) gilt und deshalb vom Empfänger keine Mehrwertsteuer (MwSt) abgeführt werden muss.

Quelle: https://pronovo.ch/category/eiv/

Trotzdem steht auf dem Auszahlungsbeleg für die EIV 2018 von Pronovo deren MwSt Nummer. Es gibt jedoch keinen Hinweis zur Qualifizierung des Betrags inkl., exkl. oder ohne MwSt auf dem Beleg selbst. Es wäre zu begrüssen, wenn Pronovo auch auf dem Auszahlungsbeleg und auf ihrer Verfügung zur EIV klar und transparent bezüglich MwSt informieren würde.

Im Faktenblatt des BFE, Version 3.0 vom 5. November 2014, zur “Einmalvergütung und Eigenverbrauch für kleine Photovoltaik-Anlagen” stand jedoch unter Ziffer 1.2 folgendes:

Die Vergütungssätze sind inkl. Mehrwertsteuer zu verstehen.

Auch in Version 5.0 dieser Publikation des BFE vom 29. Juni 2018 steht in Fussnote 1 auf Seite 3/8:

Die Vergütungssätze sind inklusive Mehrwertsteuer zu verstehen.

Sofern man sich seit Einführung der Einmalvergütung 2014 an die Angaben der BFE (und den Publikationen von Swissolar) gehalten hat und die Mehrwertsteuer vom ausbezahlten EIV Betrag an die ESTV abgeführt hat, stellt sich nun die Frage, ob dieser MwSt Betrag von der ESTV zurückgefordert werden kann.

Bei den fälschlicherweise durch die BILLAG erhobene MwSt auf den RTV Gebühren, ist die Rückerstattung der MwSt ja nach einem BGR Entscheid und einem längeren Zögern des BAKOM und des Bundesrats nun doch auch möglich.

Gibt es dazu bereits Erfahrungen aus der Branche ?

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Gute Frage. Von einem Elektrizitätswerk glaube ich gehört zu haben, dass sie bei der Auszahlung von Herkunftsnachweisen jeweils abklären, ob der Zahlungsempfänger MWSt-pflichtig ist oder nicht. Der nicht-MWSt-pflichtigen Privatperson bezahlen sie 4 Rp/kWh, der MWSt-pflichtigen Unternehmung 4 Rp/kWh zuzüglich Mehrwertsteuer. Ob das schlau ist?

Nehmen wir an, beide haben eine 20 kWp-Anlage gebaut, für 40’000 CHF inkl. MWSt. Die Unternehmung zieht 2’860 CHF als Vorsteuer von der laufenden MWSt.-Zahlungspflicht ab, somit hat sie nur 37’140 CHF (exkl. MWSt) für die PV-Anlage in den Büchern, nicht? Es hat somit eine gewisse Richtigkeit, wenn das Unternehmen auf “Förderbeiträge” (HKN oder EIV) MWSt. abführen muss - denn Ihre Investition war ja auch um den Vorsteuerabzug reduziert. Wenn für den HKN (oder auf eine Einspeisevergütung) die MWSt je nach Steuerpflicht zusätzlich bezahlt wird, fahrt das Unternehmen besser als der Private, richtig?

Wenn ich es richtig verstehe, sollten MWSt.-pflichtige auf die Einmalvergütung die Mehrwertsteuer abtreten. Nicht MWSt.-pfichtige müssen das nicht bzw. können das nicht - konnten dafür keine Vorsteuer abziehen. Ist das nicht gerecht? In der Pronovo-Buchhaltung ist das womöglich etwas kompliziert: Wenn sie überall “inkl. MWSt.” darauf schreiben, so würde das implizieren, dass sie von allen Auszahlungen 7.7% als Vorsteuer abziehen können. (Gut, das würde den KEV-Topf etwas schonen.) Weiss aber nicht, ob das korrekt wäre. Vielleicht nicht, da die Privatpersonen die MWSt nicht abführen, und somit mehr Vorsteuer abgezogen würde als bezahlt wurde. Hm, wobei die privaten ja auch einst die MWSt auf die Investition bezahlt haben. Kompliziert, habe ich da einen Knopf in der Leitung?

Oder: Wenn der Strom vom PV-Produzenten selbst konsumiert wird, so mag es richtig sein, dass der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht wird - denn die MWSt., die einst der PV-Installateur abgeführt hat, tritt an die Stelle der MWSt, die der Prosumer zuvor auf den Netzstrombezug bezahlt hat. Wenn der PV-Produzent hingegen den Strom zurück ans EW verkauft, zahlt der Endkonsument die MWSt., d.h. der Private ist nur ein “Durchläufer”. Er sollte dann die MWSt. auf den HKN jedoch auch erhalten (bzw. der vereinbarte Preis sollte “inkl. MWSt” sein). Das Elektrizitätswerk rechnet dann die MWSt. auf den vollen HKN-Einkauf MWSt als Vorsteuer ab - ob von privat oder von MWSt-pflichtigem Unternehmen - denn dem End-Stromkunden wird die MWSt in Rechnung gestellt. Das Elektrizitätswerk zögert vielleicht, einen Preis inkl. MWSt für alle auszuzahlen, da die Privaten vermeitlich die MWSt nicht abführen (nicht MWSt.pflichtig sind) - aber der PV-Installateur hatte dies erledigt… Wer den Solarstrom nicht selbst konsumiert, sollte nicht die Mehrwertsteuerlast tragen, richtig?

Oje, jetzt habe ich’s vielleicht komplizierter gemacht, als es ist? Hätten wir doch die Initiative “Energie- statt Mehrwertsteuer” angenommen, dann hätten wir etwas weniger Bürokratie :wink:

Urteil vom 2. November 2018 (2C_355/2017): Mehrwertsteuer (MWST); Erstattung der auf Radio- und Fernsehgebühren erhobenen MWST; Antrag verschiedener Fernseh- und Radioempfänger auf Rückersattung der RTV-Gebühr für die Zeitspanne zwischen dem 1.6.2005 und dem 1.6.2015. Nach dem Bundesgerichtsentscheid vom 13. April 2015 (BGE 141 II 182), welcher festhält, das die RTV-Gebühr nicht der MWST unterstellt ist, hätte das Bakom die Rückerstattung der zu Unrecht ausgewiesenen MWST über die letzten fünf Jahre zurückverlangen können, indem es sich auf Art. 27 Abs. 2 MWSTG hätte berufen können. Deswegen ist die Klage des UVEK abzuweisen, sofern sie sich auf die Zeitspanne zwischen dem 2010 und 2015 bezieht. Für diese Jahre können die Beschwerdegegner die Rückersattung der zu Unrecht erhobenen MWST verlangen.

Quelle:

In der Branchen-Info Publikation Energie (07) hat die ESTV-MwSt Verwaltung Ihre Praxisfestlegung und Änderung per 1.1.2018 dokumentiert:

https://www.gate.estv.admin.ch/mwst-webpublikationen/public/pages/sectorInfos/cipherDisplay.xhtml?publicationId=1029216&componentId=1029904&winid=134973

Allerdings ist auch daraus nicht erknntlich, was den genau in Bezug auf die EIV in den massgebenden referenzierten gesetzlichen Grundlagen des EnG Art 25 und der EnFV in Art 36 ff geändert haben soll.

Sofern keine materielle gesetzliche Änderung vorliegt, müsste davon ausgegangen werden, dass die neue Praxisfestlegung der ESTV lediglich einen bisherigen Fehler des BFE korrigiert hat. Deswegen scheint der Anspruch auf Rückerstattung der in den letzten 5 Jahren unrechtmässig abgelieferten MwSt auf den ausbezahlten EIV Beträgen im Lichte der letzten BGE Entscheide zur MwSt auf den RTV Gebühren auf den ersten Blick eine hohe Kongruez aufzuweisen.

Eine Klärung und fundierte Begründung der Situation durch Pronovo/BFE und ETSV wäre sehr wünschenswert.

Meines Wissens ist der Abzug der Vorsteuer nicht in jedem Fall zulässig. Gerade beim Kauf einer PV-Anlage bezweifle ich, dass der Abzug gemacht werden kann.
Das würde dann bedeuten, dass das MWST-pflichtige Unternehmen weniger Einmalvergütung erhält, als jemand der keine MWST abführen muss.

Die ESTV-MwST Verwaltung hat der GEAG Ende Januar 2019 auf meine Anfrage vom 4. Dezember 2018 eine sehr sorgfältig recherchierte und gut dokumentierte Analyse der MwSt Situation zur EIV zugestellt.

Darin wird insbesondere auf das erwähnte Urteil BVGer A-1989/2009 vom 11. Januar 2011 verwiesen, welches offenbar die Basis für die Haltung von Swissgrid und des BFE zur Inklusion der MwSt auf der KEV begründet:

  • Die KEV ist “kostendeckend” konzipiert und basiert auf den durch das BFE erhobenen Investitionskosten inkl. MwSt.

Die EIV gemäss EnV ist vom BFE und Swissgrid in Analogie zu diesem Entscheid zwischen 2014 - 2017 mit der Inklusion der MwSt belastet worden.

Ab 2018 wird die EIV von der Pronovo und der ESTV nun steuersystematisch korrekt als “Kostenausgleichszahlung” ausgewiesen und unterliegt damit nicht der MwSt.

Hat sich zwischen 2017 und 2018 etwas geändert?
Die Bemessungsgrundlage für die EIV, ist im Gegensatz zur KEV weder vorher noch nachher als kostendeckend definiert worden. In den relevanten Gesetzen und Verordnungen hat sich deshalb m.E. zwischen 2017 und 2018 rein gar nichts geändert.

Falls sich an den gesetzlichen Grundlagen wirklich nichts geändert hat, und die heutige Praxis von Pronovo der Kostenausgleichszahlung korrekt ist, müsste eigentlich formal logisch betrachtet im Umkehrschluss die frühere Praxis 2014 - 2017 falsch sein.

Und damit wäre die Rückforderung einer unrechtmässig erhobenen MwSt gemäss dem kürzlichen Bundesgerichtsurteil naheliegend.

Der Bundesrat hat sich gestern auf eine Anfrage von Nationalrat Jürg Grossen bereit erklärt, die Rückzahlung der bezahlten Mehrwertsteuer an mehrwertsteuerpflichtige Empfänger zu prüfen (Anfrage 19.5160)

Wir sind gespannt, was die Prüfung bringt.

Vielen Dank für den Einsatz an GEAG und Jürg Grossen!

Auszug aus dem VESE Sondernewsletter vom 26.6.2019:

Mehrwertsteuerpflichtige Betreiber von Solaranlagen, welche in den Jahren 2014 bis 2017 eine Einmalvergütung (EIV, dies hat damals nur Anlagen bis 30 kVA betroffen) erhalten haben, mussten von diesem Betrag die Mehrwertsteuer (MwSt) abführen. Ab 2018 wurde diese Praxis geändert und seither ist auf die Einmalvergütung keine Mehrwertsteuer mehr fällig. Dies aufgrund der geänderten mehrwertsteuertechnischen Einteilung der EIV in die Kategorie “Kostenausgleichszahlung”.

Nach ersten Abklärungen durch die SSES Bern-Solothurn hat Nationalrat Jürg Grossen eine entsprechende Anfrage an den Bundesrat gestellt (Details).
In der Antwort des Bundesrats führt dieser aus, dass eine Rückzahlung der MwSt geprüft wird. Gemäss Jürg Grossen ist diese Prüfung inzwischen durchgeführt und Pronovo bereits in der Vorbereitungsphase zur Rückabwicklung der MwSt.

Wir sind sehr froh darüber, dass die Frage nach der Rückzahlung der MwSt so schnell und unkompliziert gelöst werden konnte und möchten uns hiermit insbesondere bei der SSES Bern-Solothurn sowie Jürg Grossen bedanken!

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