Einspeisung ins Bahnnetz

Wie neuartig ist das wirklich, was die Bahn da macht?

Die PV-Anlage auf dem Frequenzumformer hat es in die SRF-Nachrichten und ins internatioanle PV-Magazin geschafft, erstmals würde Solarstrom direkt ins Bahnnetz eingespiesen. Bahnnetz hat ja 16.7 Hz; normale Wechselrichter produzieren mit Netzfrequenz 50 Hz. Technisch ist es wohl keine Zauberei, den Wechselrichter mit 16.7 Hz produzieren zu lassen - ist einfach eine wohl teure Sonderanfertigung. Aber geht es hier wirklich darum, dass sie die WR mit 16.7 Hz produzieren lassen?
Oder produziert die Photovoltaikanlage normal 50 Hz, und weil sie eben auf dem Frequenzumformer-Gebäude steht, wird die Frequenz direkt vor Ort umgeformt und geht nicht wie sonst noch übers öffentliche 50-Hz-Netz?

Ich weis es nicht, aber den WR einfach so auf 16.7 Hz anzupassen ist technisch nicht so einfach…einfacher wäre >50Hz. Dazu hat die SBB wohl auf einige Zertifizierungen verzichtet… ich kann mir nicht vorstellen das die alles neu prüfen und zertifizieren haben lassen für die kleine Anlage…

Die Antwort steht im verlinkten Artikel: „Das Innovative und Besondere an der PV-Anlage auf dem Dach des Frequenzumformers in Zürich Seebach ist, dass sie – im Gegensatz zu den anderen PV-Anlagen der SBB – Bahnstrom und nicht Haushaltsstrom produziert.“ Dabei ist mit „Haushaltsstrom“ das 50Hz-Netz und mit „Bahnstrom“ das 16.7Hz-Netz gemeint, unabhängig von der Spannung, so fällt beispielsweise auch eine 50Hz-Übertragungsleitung von 220kV in den Bereich „Haushaltsstrom“.

Zurück zur PV-Anlage: Ja, offenbar ist die PV-Anlage direkt ans Bahnstromnetz gekoppelt, der von den PV-Modulen erzeugte Gleichstrom wird von einem Wechselrichter in 16.7Hz einphasigen Wechselstrom umgewandelt. Über die Spannung ist nichts näher bekannt, die Wechselrichter-Ausgangsspannung dürfte wohl bei 1’000V oder darunter liegen, da im Artikel beschrieben ist, dass die Spannung über einen bestehenden Trafo ins 15kV-Netz der Bahn eingespeist wird.

Zauberei ist das natürlich nicht, es musste lediglich ein neuartiger Wechselrichter gebaut werden, der die entsprechenden Frequenz- und Spannungsvorgaben erfüllt. Konkret müssen bei tieferer Frequenz Speicherelemente im Wechselrichter wie Spulen und Kondensatoren grösser gebaut werden. Weiter ist das Bahnnetz nur einphasig, somit ist der Leistungsfluss nicht wie bei einem dreiphasigen Netz konstant, sondern alternierend, was ebenfalls zu einem erhöhten „Energie-Zwischenspeicherbedarf“ im Wechselrichter führt. Und zu guter Letzt muss dieser Wechselrichter am Bahnstromnetz auch mit wesentlich grösseren Frequenzschwankungen klarkommen als ein Wechselrichter am Hausstromnetz. Wenn viele Züge mit dem Taktfahrplan vor der vollen und halben Stunde bremsen und Strom ins Netz zurückspeisen, steigt die Frequenz stark an und wenn die Züge einige Minuten später alle wieder mehr oder weniger gleichzeitig losfahren, sinkt die Frequenz. Auch diese Frequenzanpassung sollte dem Wechselrichter keinerlei Probleme bereiten, er muss halt einfach für diese Ansprüche gebaut sein.

Wie die Bahn schreibt, ist es natürlich mit zusätzlichen Verlusten verbunden, wenn der PV-Strom zuerst mit einem Standard-Wechselrichter ins dreiphasige Haushaltsstromnetz eingespeist und anschliessend über einen Frequenzumrichter in einphasigen Bahnstrom umgewandelt wird. Da es bisher keine Bahnstrom-Wechselrichter „ab Stange“ gegeben hat, wurde bisher der Umweg über das 50Hz-Netz gemacht. Dass die SBB „für die kleine Anlage“ eine Wechselrichter-Sonderanfertigung in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass die Bahn dies wohl als Pilotprojekt sieht, mit dem Ziel, dass es künftig auch Bahnstromwechselrichter ab Stange gibt und viele weitere Bahnstrom-PV-Anlagen zu konkurrenzfähigen Kosten gebaut werden können.

In meinen Augen eine durchwegs positive Sache! Es resultiert ein Gewinn an Energieeffizienz bei gleichzeitiger Reduktion der benötigten Ressourcen.

Sehr geehrter Hr.Rosenmund,
herzliche Gratulation zu Ihrem Artikel! Seid langer Zeit wieder einmal ein Beitrag welcher nicht im
Kurzfutter Format verfasst ist. So macht das lesen Freude und dient der Weiterbildung. Dies ist
bei diesem Forum nicht so oft der Fall. Vielen Dank. Es grüsst Hu. Diem

Grüezi Herr Diem
Vielen Dank für die Blumen. Gut möglich, dass in nächster Zeit der eine oder andere Beitrag von mir folgt. Hoffentlich haben Sie jetzt aber nicht zu hohe Erwartungen :wink:
Sonnige Grüsse
Jonas Rosenmund

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