Rolle der Elektrizitätswerke in der Energiewende ?

Welche Rolle sollen die Elektrizitätswerke in der Energiewende spielen: diese Frage stellen sich viele von uns. Und wenn man das neuliche Interview mit dem Direktor Energie des EKZ in der Zeitschrift "Erneuerbare Energien"http://www.sses.ch/wp-content/uploads/2018-2__de.pdf liest, so fragt man sich, ob da für die Zukunft wirklich alles zum Besten bestellt ist. Was denkt ihr dazu?

Das Misstrauen gegenüber den etablierten Elektrizitätswerken sitzt tief bei den Pionieren der Energiewende. Gegen Widerstand initiieren die Kämpfer der Energiewende Neues - seien es erste Solaranlagen, Wärmecontracting oder Eigenverbrauchsgemeinschaften. Dann steigen die etablierten Energieversorger ein - sei es auf politischen Wunsch, oder weil sie angeblich die „Zeichen der Zeit erkannt" haben. Ein progressives Stadtparlament will dem Stadtwerk nicht nur 2, sondern gleich 5 Millionen CHF Kredit zum Bau von PV-Anlagen zusprechen. Wobei es in der Stadt eine Solargenossenschaft gäbe, die mit privatem Geld statt Staatsschulden in die Solarstromversorgung investieren würde. Immer mehr Energieversorger profilieren sich damit, dass ihre Kunden für rund 300 CHF einen Quadratmeter Photovoltaik kaufen können und ihnen der Strom dann direkt gut geschrieben wird. Einerseits mag ein solches Angebot deutlich teurer sein als Solarstrom von unabhängigen Energieproduzenten. Anderseits haben Elektrizitätswerke hier und dort durch höhere Dachmieten unabhängigen Solar-Investoren potentielle Solardächer strittig gemacht - und letztlich dann doch nichts gebaut. Der eine oder andere Vorstoss von etablierten Energieversorgern in Richtung erneuerbare Energien hat sich als unwirtschaftlich erwiesen - böse Zungen sagen dann - wir haben’s doch gesagt. (Oder: Böse Zungen ausserhalb der EWs sagen, dass böse Zungen innerhalb der EWs die Initiativen mit Finanzkraft aber ohne Herzblut an die Wand fahren, um dann zu sagen, seht - es funktioniert nicht.)

Elektrizitätswerke konkurrenzieren mittelständische Solar-Installateure, und mit der Abrechnung von Eigenverbrauchsgemeinschaften steht ein neues Feld zur Debatte. Sicher wünscht sich kaum jemand das kundenferne Elektrizitätswerk zurück, das dezentrale Energie-Produzenten möglichst zu vergraulen versuchte. Was würden wir tun, wenn wir über die Zukunft vom Elektrizitätswerk zu entscheiden hätten? Muss man als Verantwortlicher für einen öffentlichen Betrieb primär für den Erfolg des Unternehmens kämpfen - wenn auch gegen private Konkurrenz - oder gute Bedingungen für die Privaten schaffen? Solange der Energieversorger nicht mindestens 10 Rp/kWh für Solarstrom vergütet und damit einen glaubwürdigen ökologischen Basisstrommix pflegt, muss Kritik erlaubt sein.

Es ist verständlich, dass sich Elektrizitätswerke um ihr klassisches Geschäft sorgen, wenn man nun innerhalb der Nachbarschaft Solarstrom-Eigenverbrauch selbstständig abrechnen kann. Um Konkurrenz fern zu halten, bieten manche eigene Abrechnungslösungen an. Das Dilemma für den Initiator der Eigenverbrauchsgemeinschaft: Bleibt das Logo vom Elektrizitätswerk auf der Stromrechnung, kann man die wenig-interessiert bzw. -informierten Nachbarn eher zu einer bequemen Teilnahme bewegen. Dem Elektrizitätswerk weiter monatlich 8 CHF pro Wohnungszähler zu bezahlen mag attraktiver sein, als alles umzubauen. Anderseits, wenn sich unabhängige Anbieter nicht etablieren können, fehlt der erwünschte, preis-senkende Wettbewerb. Ich begrüsse die privaten Initiativen sehr - ohne externen Druck wagen sich etablierte Unternehmen kaum auf Neuland. Anderseits gibt es auch Argumente für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem lokalen Elektrizitätswerk, wenn dieses gute Konditionen und Dienstleistungen anbietet. Aber: Es soll liberal und fair sein.

Wir haben bei diesem Thema gleich mehrere Aspekte zu betrachten:

  1. Unbundling von Energie und Netz
  2. Diskriminierungsfreiheit
  3. Ausnützen einer marktbeherrschender Stellung / Absprachen
  4. Neues Energiegesetz

Mit meiner Firma habe ich bereits einige Fälle erlebt, wo wir als privater Anbieter zwar ein technisch ausgereiftes Angebot haben und alle gesetzlichen Rahmenbedingungen einhalten, aber trotzdem nicht zum Zug gekommen sind. Grund: Der Verteilnetzbetreiber nutzt seine Rolle zu seinen Vorteilen und schafft eine Lösung, die aus unserer Sicht nicht im Gesetz vorgesehen ist.

Generell bin ich der Meinung, dass öffentliche Institutionen die Rahmenbedingungen optimieren sollen, damit private Unternehmen die Energiewende kostengünstig umsetzen können. Und diese Meinung teilen immer mehr: http://www.fair-ist-anders.ch