Einspeisebegrenzung

Welchen Typ von Smartmeter (SM) hat der Verteilnetzbetreiber (VNB) an diesem Netzanschluss eingebaut?

Gemäss StromVV 2017 sowie Revision 2020 muss ein vom VNB eingebautes Smartmeter eine lokale Kundenschnittstelle „CII“ anbieten, über die der Eigentümer der Daten die momentan gemessenen Werte auslesen kann.

Diese CII kann den Einbau eines überflüssigen, zusätzlichen privaten Einspeisezählers hinter dem Smartmeter des EVU vermeiden und damit mehrere hundert CHF Kosten einsparen.


Für SM der Marke ELSTER hat die GEAG seit mehreren Monaten einen durchaus tauglichen und kostengünstigen (<100 CHF) dsmr2wifi Adapter im Einsatz. An der CII Buchse einstecken, über ein Web-UI konfigurieren und die Energiedaten mit 0.5 Hz z.B. via MQTT oder HTTP in einem lokalen IP Netz weiter verarbeiten (z.B Visualisierung mit Grafana oder Laststeuerung mit kosteneffizienten Aktoren von Shelly). Dazu ist keine Installation durch einen Elektriker erforderlich, was erhebliche Kosten einspart.


Falls einer oder mehrere der 3 Wechselrichter die Fähigkeit haben, ihre Produktionsleistung auf Grund einer externen Messgrösse dynamisch zu reduzieren scheint die technische Lösung relativ einfach. Häufig ist diese Steuerung über eine Modbus-TCP Schnittstelle möglich.

Neuere Wechselrichter (z.B. Solaredge) bieten auch die Einstellung, die Produktionsleistung auf einen voreingestellten Wert zurück zu fahren, falls der externe dynamische Messwert zur Leistungsreduktion ausfallen sollte. Dies sollte eigentlich den Sorgen des VNB entgegen halten können.


Die wirkliche Herausforderung liegt darin, den VNB von den Vorteilen einer solchen Lösung auch für den VNB selbst zu überzeugen. VNB sehen in PVA häufig nur Risiken und erkennen deren Potenzial zur Mitwirkung für eine gute Netzqualität noch kaum.

Mit einer guten Dokumentation des Konzepts, Hinweisen zu den vielen relevanten Publikationen, etwas Zeit und Geduld sowie direkten Gesprächen mit dem VNB konnte die GEAG auch schon solche bestehende Hürden überwinden und eine Sondervereinbarung mit dem VNB abschliessen.

Die Problematik des Netzanschluss von PVA und das Potenzial der statischen Einspeisebegrenzung durch dynamische Produktionsbegrenzung wird auf der Website von Lars Huber pv2grid.ch ausführlich aufgezeigt.

Wenn dies von allen VNB problemlos akzeptiert werden würde, kämen wir bereits einen grossen Schritt weiter mit der Effizienzsteigerung unserer lokalen Verteilnetze durch erheblich höhere Auslastung (Vollaststunden).

Die GEAG ist allerdings 2019 zur Ansicht gelangt, dass eine dynamische Einspeisebegrenzung noch sehr viel mehr volkswirtschaftliches Potenzial aufweist um unnötige Netzausbauten zu vermeiden. Dabei wird als Indikator für die Netzauslastung die Spannung am Netzanschluss durch den Wechselrichter beobachtet und die Einspeiseleistung erst dann durch Abregelung der Produktionsleistung reduziert, wenn die Spannung die tolerierten Grenzen von +/- 10% der Normspannung zu überschreiten droht.

Diese P(U) Funktion ist heute bei neueren Wechselrichtern bereits standardmässig vorhanden zusammen mit den in den Schweizer Netzanschlussbedingungen bereits heute geforderten Q(U) Funktion.

In Österreich wird seit Mitte 2019 vom Regulator e-Control in den „Technische und Organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen (TOR)“ in Abschnitt D TOR Erzeuger Typ A unter Ziffer 5.3.6 „Spannungsgeführte Wirkleistungsabregelung“ gefordert, dass die Wirkleistung ab 110% Netzspannung linear abgeregelt wird, so dass bei 112% Netzspannung die Einspeiseleistung Null erreicht.

Unsere Nachbarn scheinen der Schweiz mehr als eine Nasenlänge voraus zu sein. Dies ist nicht erstaunlich, weil bereits 2014 die TU Graz am 13. Symposium der Energieinnovationen in einer viel beachteten Publikation von Christoph Winter von Fronius morePV2grid diese sinnvole Perspektive durch Simulationen und Feldmessungen vorgeschlagen hat.

Durch den Einsatz einer dynamischen Einspeisebegrenzung lässt sich viel Netzausbau einsparen und viel mehr PV Leistung durch die bestehenden Verteilnetze transportieren, ohne dass dabei eine Netzüberlastung auftritt und mit nur sehr seltenen und geringen Einbussen der PV-Einspeisung. Auch mit den zunehmenden Dichte von EV Ladestationen und den damit einhergehenden schnellen Laständerungen von mehreren 10 kW im lokalen Verrteilnetz, können Wechselrichter sehr schnell auf dadurch verursachte Spannungsänderungen im Netz mit einer netzdienlichen Blindleistungs- oder Wirkleistungskorrektur reagieren.

An der Swisssolar PV Tagung im März 2020 gab es eine Präsentation von Peter Cuony der Groupe-E zum Thema „Netzintegration Photovoltaik & Peak-Shaving“, die einmal mehr eindrücklich den ökonomischen Wert einer kombinierten Q(U) + P(U) Regelung durch Wechselrichter am Beispiel des Verteilnetz von Payerne für das Jahr 2035 prognostiziert.

Während sich für 2035 mit Q(U) das Spannungsproblem an 43% der Hausanschlüsse bereits auf 14% reduzieren lässt, ermöglicht die zusätzliche Abregelung P(U) das Spannungsproblem bei nur geringen Produktionsverlusten von ca 2.5% ganz zu eliminieren.

Ein FAZIT der Autors dieser Studie:

Eine intelligente Parametrierungen der Wechselrichtern kann einen grossen Teil der Photovoltaik-Problematik lösen.

Auch das mehrjährige BFE-Projekt der ZHAW „CEVSol – Kosteneffektive Smart-Grid-Lösungen für die Integration erneuerbarer Stromquellen in Niederspannungsnetze“ kam in seinem Schlussbericht Ende 2019 im Prinzip zu ähnlichen Ergebnissen.

Allerdings wird durch die Schweizer VNB entgegen unserem AT Nachbarn noch immer ein unnötiger „Swiss Finish“ gepflegt und das nach EN 50160 tolerierte Spannungsband von +/-10% der Normspannung nicht dynamisch ausgeschöpft. Das wird sich jedoch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit noch ändern müssen. Wir sollten nicht in ineffiziente Netzausbauten investieren, wenn mit heute bereits verfügbarer dynamischer Steuerung durch die Wechselrichter viele Mio CHF eingespart werden können.

Postulat: Erst die Verteilnetze bis zu Ihren Kapazitätsgrenzen auslasten, jedoch dynamische Einspeisebegrenzungen für wenige Minuten pro Jahr durch Einsatz der kostenlose verfügbaren, autonomen Funktionen der Wechselrichter akzeptieren.

Weitere Infos dazu gibts auch hier.